Formaldehyd in Küchenmöbeln: Was Unternehmen dagegen tun und Verbraucher wissen sollten.

Formaldehyd in Küchenmöbeln: Was Unternehmen dagegen tun und Verbraucher wissen sollten

Bereits Ende der 1980er-Jahre widmete sich Öko-Test erstmals dem Thema Formaldehydausdünstungen aus Möbeln, weil Kunden über Beschwerden wie brennende Augen und Husten klagten. Formaldehyd ist ein farbloses, stechend riechendes Gas, das bei hoher Konzentration in der Raumluft beim Menschen Allergien, Haut-, Atemwegs- oder Augenreizungen verursachen kann. In den USA ist Formaldehyd seit 2011 als krebserzeugend eingestuft, und seine Nutzung wurde stark eingeschränkt.

Familienunternehmen Häcker hat sich hohe Standards auferlegt

Spanplatten sind das mengenmäßig wichtigste Produkt unter den Holzwerkstoffen. Die 1932 vom Karlsruher Unternehmer Max Himmelheber erfundenen Platten bestehen zu rund 50 Prozent aus Klebstoffen, die meistens Formaldehyd enthalten. Um sich auch künftig den Anforderungen des internationalen Wettbewerbs stellen zu können und „grünere“ Produkte« zu produzieren, hat sich das Familienunternehmen Häcker Küchen hohe Standards auferlegt. Derzeit werden über 60 Länder auf allen Kontinenten mit Küchen „Made in Germany“ beliefert. Hauptmärkte sind Europa, Asien und Australien.

Richtlinien für die Formaldehydabgabe von Holzwerkstoffen

Das Unternehmen bezieht seine Spanplatten (das Korpusmaterial) hauptsächlich aus dem deutschen und österreichischen Markt, wo sich das unabhängige System der „Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes“ (PEFC) durchgesetzt hat.


Es stellt eine nachhaltige Waldbewirtschaftung sicher. Als erstes der großen mitteleuropäischen Küchenhersteller hat Häcker Küchen seine Produktion nun komplett auf formaldehydreduzierte Holzwerkstoffe umgestellt, die die in Kalifornien geltenden CARB II-Vorgaben erfüllen: 2007 erließ das California Air Resources Board (CARB) eine Maßgabe zur Kontrolle von Luftschadstoffen (Airborne Toxic Control Measure: ATCM), die Richtlinien für die Formaldehydabgabe von Holzwerkstoffen beinhaltet. Die Regelungen sind verpflichtend für alle Hersteller, Importeure, Verarbeiter, Händler und Zertifizierungsstellen, die mit Holzwerkstoffprodukten.

Emissionsvorgaben der europäischen E1-Regelung

Copyright Häcker Küchen

Die in CARBII vorgegebenen Grenzwerte für Formaldehyd-Emissionen sollen als Title VI des US-amerikanischen Toxic Substance Control Act (TSCA) voraussichtlich ab Dezember 2018 in den ganzen USA gelten. Bei Spanplatten liegen die in CARB II bzw. im TSCA-Title VI unter den Emissionsvorgaben der europäischen E1-Regelung, bei MDF gibt es nur geringe Unterschiede. Die Umstellung des Holzwerkstoffeinsatzes von Häcker Küchen betrifft die komplette Produktpalette.

Das Unternehmen hat in den vergangenen Monaten in Zusammenarbeit mit Holzwerkstoffherstellern und den Lieferanten von Halbfabrikaten wie zum Beispiel Küchenfronten die Lieferungen umgestellt und die Lagerbestände ausgetauscht. Das Unternehmen kennzeichnet sein auf formaldehydreduzierte Holzwerkstoffe umgestelltes Küchenprogramm mit dem Label „PURemission“. Die Begriffsführung hat Häcker bei der im Verlauf des Jahres 2013 vorgenommenen Umstellung auf die PUR-Verleimung von Dickkanten eingeführt. Diese als Alternative zur Lasertechnologie ausgewählte Verleimungsart wird vom Unternehmen unter der Bezeichnung „PURresist“ kommuniziert.

Das Raumklima wird verbessert und die Umwelt geschont

Immer mehr Küchenhersteller bieten inzwischen Küchenmöbel an, die den Anforderungen der Nachhaltigkeit entsprechen: Sie nutzen Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft und achten bei der Oberflächenveredelung auf nachhaltige Aspekte.

Copyright Häcker Küchen

Viele Hersteller verwenden deshalb wasserbasierte Lacke, zudem werden zunehmend lösemittel- und schadstofffreie Methoden bei der Verleimung von Holzwerkstoffen angewandt. Dadurch wird das Raumklima durch weniger Ausdünstungen der Möbel verbessert und die Umwelt geschont – sowohl bei der Produktion als auch beim späteren Recycling ausgemusterter Küchenmöbel.

Um sich weitgehend vor Schadstoffen zu schützen, sollte beim Kauf von Möbeln deshalb auf Gütesiegel wie „Blauer Engel“, „Goldenes M“, „LGA-schadstoffgeprüft“ oder „ÖkoControl“ geachtet werden. Dieses Zeichen wird nur an Bio-Möbel aus Massivholz oder hochwertigen Holzwerkstoffen vergeben, die auch ausschließlich mit natürlichen Produkten behandelt wurden. Mit einem scharfen Grenzwert von 0,04 Mikrogramm Formaldehyd-Emission pro Kubikmeter Raumluft ist das Siegel ÖkoControl noch strenger als die Jury des goldenen M, doch wird häufig die unmittelbare Nähe zu einem Möbelverband in puncto Neutralität kritisiert.

Küchenmöbel zählen bislang noch nicht zu den Trägern des DGM-Emissionslabels

Das DGM-Emissionslabel erinnert mit der Klassifizierung von A (geringste Schadstoffemission) bis D (gerade noch zulässige Schadstoffemission) an das EU-Energielabel für Elektrogeräte und nimmt Formaldehyd und andere gesundheits- und umweltschädliche Stoffe in den Fokus. Allerdings zählen Küchenmöbel bislang noch nicht zu den Trägern des DGM-Emissionslabels – interessant für die Einrichtung der Küche könnten jedoch geprüfte Tische und Sitzmöbel sein. Öko-Test bewertet die Plakette der DGM als guten Anfang.

Weitere Informationen: Claudia Silber und Alexandra Hildebrandt: Küchen-Kultur und Lebensart: Warum Verantwortung nicht zwischen Herd und Kühlschrank aufhört. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.

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Ansprechpartner: Tobias Loitsch.

Als Leiter des NeuInstituts für Technologie in Wirtschaft und Gesellschaft leistet Tobias Loitsch wissenschaftliche und praktische Unterstützung zum Aufbau digitaler Geschäftsmodelle und Prozesse. Er beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung, dem Wandel der Gesellschaft, Mobilität und Technologien im Zusammenhang mit Emotionaler Intelligenz.